Es war Donnerstag, der 2. Mai, und der Brucker Kulturverein „Freiraum“ lud wieder einmal zu einem Jazzkonzert in den Seidl Keller. Am Programm stand Gerhard Graml, der mit seinem Sextett sein jüngstes Album „Everything“ präsentierte.
Da Gerhard Graml zwar musikalisch um Welten besser ist als etwa DJ Ötzi oder Melissa Naschenweng, aber seine Bekanntheit in der breiten Öffentlichkeit in gleichem Ausmaß geringer, hier ein paar Zeilen über ihn: Der in Linz geborene Graml ist Bassist und als solcher einer der wenigen seiner Spezies, die auch Bandleader und Komponist sind, wie etwa der legendäre US-Amerikaner Charles Mingus. Er arbeitete mit zahlreichen internationalen Jazz-Größen zusammen, moderiert Jazz-Sendungen in Ö1 und unterrichtete einige Jahre an der Deutschen Internationalen Schule Washington D.C. Nach seiner Rückkehr nach Österreich vor zwei Jahren brachte er besagtes Album „Everything“ auf den Markt.
„Washington lässt grüßen“ lässt sich treffend der Klangteppich beschreiben, den Graml mit seinen Kollegen im Seidl Keller ausrollten. Mondäner Jazz von Duke Ellington bis Latin-Klänge und groovende Funk-Passagen war alles da. „In Washington wird Tradition und Neues nicht gegeneinander ausgespielt sondern nebeneinander. Das Gemeinsame ist die Musik“, sagt Graml.
Wenn die Bläser (Markus Perchmann, Trompete / Christian Maurer, Saxofon / Robert Bachner, Posaune) loslegen, ist orchestraler Jazz-Sound angesagt, ohne überzogene Virtuosen-Schau. Ich selbst verliere mich am liebsten in den sensiblen Trio-Passagen Piano-Bass-Schlagzeug. Für feinste Ware diesbezüglich sorgten neben Graml Heribert Kohlich (Piano) und Hermann Aigner (Schlagzeug).
Ich kenne Leute, die sagen: Jazz ist, wenn Musiker gegeneinander spielen. Ich sage: Wenn sie in ihrer Individualität zueinander finden. – Danke, Herr Graml und Co., das war ein feiner Musikabend!
Location
In mir weckt der Seidl Keller immer Erinnerungen an meine Jugendzeit wach, als wir regelmäßig ins Wiener „Jazzland“ – ein Kellergewölbe unter der Ruprechtskirche – gepilgert sind. Seither sind solche Kellerlokale für mich unweigerlich „jazzig“. Einziges Manko: Von „Barrierefreiheit“ sind sie in der Regel meilenweit entfernt.
Service
Inhaber und Winzer Gerhard Seidl wird nicht müde, Rebsorten und Weine zu erläutern, bevor er sie ausschenkt. Gattin Christine sorgt für Heurigen-Schmankerln (auch vegetarisch) zu Preisen, die selbst Mc Donalds erblassen lassen.